Die Geschichte des
Klöppelns in Deutschland
Geklöppelt wird seit etwa 500
Jahren. Die ersten Hinweise haben wir aus Italien und
Flandern, aber bald danach war das Klöppeln auch in
Frankreich, Spanien und Portugal bekannt, und auch in
Deutschland fing man an, Klöppelspitzen herzustellen.
Der Legende zufolge kam
die Spitzenklöppelei um 1560 ins Erzgebirge, weil eine
Flüchtlingsfrau aus Brabant in Annaberg bei der
Familie Uthmann Unterkunft fand. Sie soll ihr
Klöppelkissen bei sich gehabt und Frau Uthmann das
Klöppeln beigebracht haben. Frau Barbara Uthmann soll
dann das Klöppeln im Erzgebirge eingeführt und den
Klöppelsack erfunden haben, das für das Erzgebirge
typische Klöppelkissen.
Barbara-Uthmann-Denkmal
in Annaberg
Tatsache ist, dass Barbara Uthmann um 1560 eine
von ihr gegründete Klöppelwerkstatt leitete, in der
Mädchen das Klöppeln lernten und ausübten. Sie sorgte
auch für die Vermarktung der Spitzen und wurde
Großverlegerin für 900 Klöppelmädchen. Sie hatte früh
erkannt, dass das Klöppeln für Bergwerkerfamilien eine
wichtige Verdienstquelle sein könnte.
Im Erzgebirge war das Spitzenklöppeln zeitweise eine
wichtige Industrie. Man schätzte, dass um 1700 10.000
Personen dort klöppelten, um 1785 waren es 15.000.
Später und meist aus wirtschaftlicher Notlage heraus
wurde auch in anderen Gegenden Deutschlands in großem
Umfang geklöppelt: z.B. im Harz, in Plön, Liebenau bei
Nienburg/Weser, Lügde bei Lippe, auf der Schwäbischen
Alb, in Abenberg bei Nürnberg.
Handgeklöppelte
Spitzen waren teuer und ein Luxusartikel nur für
reiche Leute. Ab etwa 1800 lieferte die Industrie
Maschinenspitzen, die auch für Normalbürger
erschwinglich waren. In den folgenden hundert Jahren
teilten sich die Maschinenspitze und handgeklöppelte
Spitze den Markt, aber der Preisdruck der
Maschinenware machte den Klöpplerinnen sehr zu
schaffen. Trotzdem gab es 1850 im Erzgebirge über
50.000 Klöppler und Klöpplerinnen.
Um
1900
gründete
man
vielerorts
Klöppelschulen
in
der
Absicht,
die
handgeklöppelten
Spitzen
durch
Verbesserung
der
Qualität
wettbewerbsfähiger zu machen und der Armut und
Landflucht entgegenzuwirken. Die Maßnahmen hatten
mancherorts Erfolg: noch in den 1920er Jahren wurden
im Erzgebirge handgeklöppelte Hochzeitskleider für
den Export in die USA hergestellt.
In den 1950er Jahren gab es
in Deutschland kaum noch aktive Klöpplerinnen. Die
Frauen, die früher durch Klöppeln ein kleines
Einkommen mühsam verdient hatten, waren froh, dies
nicht mehr nötig zu haben; ihre Töchter lernten das
Klöppeln nicht mehr. In nur sehr wenigen der einst
zahlreichen Klöppelschulen fand noch Unterricht statt,
z.B. in Nordhalben. Zwar gab es vereinzelt
Klöppelkünstlerinnen, z.B. Leni Matthaei in Hamburg
und Suse Bernuth in der Oberpfalz, aber fast überall
war das Klöppeln so gut wie ausgestorben.
Bis man sich Sorgen um
das alte Handwerk machte, war es fast zu spät. In
manchen Gegenden war auch die letzte Klöpplerin schon
gestorben.
Dann in den 1970er und
80er Jahren wurde das Klöppeln wieder belebt, nicht
nur in Deutschland, sondern überall in Europa. Jetzt
klöppelte man nicht mehr aus wirtschaftlicher Not,
sondern weil man Zeit für und
Lust auf ein interessantes Kunsthandwerk hatte.
Anfangs wurden die alten Muster nachgeklöppelt, bald
wurden aber auch neue Muster entworfen.
In vielen Ländern
wurden in diesen Jahren Spitzengilden und
Klöppelverbände mit dem Ziel gegründet, das alte
Kunsthandwerk Klöppeln zu pflegen, zu bewahren, zu
erforschen und zu fördern. In Deutschland ging der
Impuls zur Gründung des Klöppelverbandes 1983 von der
Klöppelschule Nordhalben aus. Der Deutsche
Klöppelverband hat inzwischen mehrere Tausend
Mitglieder; insgesamt kann man
mit viel mehr aktiven Klöpplerinnen in Deutschland
rechnen.
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